Was Sie schon immer über Bocholt wissen wollten
Dieser Bildband über Bocholt ist eine Liebeserklärung an die Stadt, in der die Musikerin und Autorin Bettina Oehmen seit über zwanzig Jahren lebt und wirkt. Die Fotografien vermitteln die enge Zusammengehörig-keit von Mensch und Architektur, von der Lebensgestaltung unter Koordinaten, in der, wie überall, Geschichte und Gegenwart ineinander-greifen. Amüsantes, Interessantes und schlichtweg Schönes vermischen sich zu einem Bilderbogen, mit dessen Hilfe sich das Bocholter Lebensgefühl mühelos auch dem Neuling erschließt.
ISBN-Nummer: 978-3-9811956-5-1
Preis: 29,80 EUR
Kleine Einführung zu Bettina Oehmens Bildband („Was Sie immer schon über Bocholt wissen wollten“) am Samstag, 7.11.2009 in der Volksbank Bocholt, Meckenemstraße. Publikum: ca. 100 Personen
"Dein neues Werk, dieser Bildband über unsere Heimatgemeinde Bocholt, zu dessen Präsentation wir uns heute, an diesem Samstagmittag in der Volksbank versammelt haben, bietet zweifelsohne eine Fülle von ungewöhnlichen Qualitäten, die alle aufzuführen, obwohl sie es allemal verdienten, den Rahmen sprengen würde. Insgesamt aber läßt sich dieses Ineins von Vorzügen, die Dein Buch ausmachen, in, wie ich glaube, einem Ausdruck zusammenfassen: „Präzise Liebe“.
Präzision und Liebe, also, meine sehr verehrten Damen und Herren – dazu haben sich für mich die vielfältigen, anregenden, überraschenden und bereichernden Eindrücke verdichtet, die dieser witzig, geistreich und klug kommentierte Bildband über unsere Stadt mir vermittelt hat. Zum Ersten: Präzision:
Die Präzision zeigt sich, vorneweg und rein materialiter schon, jedem, der diesen Band in die Hand nimmt: Die Ausstattung dieser 320 Seiten ist vorzüglich, ja reich, die drucktechnische Qualität der Reproduktionen gibt in der Kolorierung, in der genauen Wiedergabe von Licht- und Schattenreflexen, die künstlerisch kalkulierten Vorgaben der Originalaufnahmen kongenial wieder. Dafür sei an dieser Stelle dem Phoebe-Verlag und der Firma Rehms-Druck ausgesprochen Dank gesagt.
Die eigentliche, sozusagen innerlich – ideelle und genuin künstlerische Präzision der hier gebotenen Fotographien zeigt sich allerdings erst in der glücklichen und oftmals witzig-überraschenden Wahl von Motiv und Perspektive – und das gerade gegenüber Motiven, wie zum Beispiel der St. Georgs-Kirche und dem Historischen Rathaus, die schon Gefahr laufen, „totgeknipst“ zu werden. Gerade gegenüber dem Historischen Rathaus wird diese Gefahr gebannt, indem in einer ganzen Reihe von Aufnahmen dank der Präzision des Blicks, die Schönheit von Details herausgearbeitet wird. Das, unter anderem, ist, für mich jedenfalls, Kunst und bürgt für künstlerische Qualität, an der man, neidvoll und schamvoll zugleich, teilhaben darf; neidvoll, weil man dieses erkenntnisträchtige und Schönheit sowohl entdeckende wie auch schaffende Auge selbst nicht hat; schamvoll, weil man jedoch sich ehrlicherweise eingestehen muss, daß man unzählige Male blicklos, ja, eigentlich blind vorüberging. Und was hatte man gesehen? Nichts! Und das sieht man, wenn man dieses Buch ansieht. (Nebenbei, aber durchaus angemessen und wichtig, sind diese Aufnahmen neben manchen anderen noch, eine Hommage an Manes Schlatt, diesen großen Bildhauer und bedeutenden bildenden Künstler unserer Stadt, der mit seinen Fähigkeiten das im Kriege fast völlig zerstörte Rathaus in seiner historischen und heutigen Schönheit hat wieder erstehen lassen.)
Meine Damen und Herren, seien Sie versichert, es wäre ein Leichtes, in der Aufzählung von Leistungen, die Präzision und handwerkliche Könnerschaft belegen, noch weiter fortzufahren, aber – Sie erinnern sich, daß ich zu Beginn von „präziser Liebe“ sprach, als Bezeichnung für den wesentlichen Eindruck, den mir dieser Bildband vermittelt hat; und „präzise“ ist hier nur das Beiwort. „Liebe“ ist das Hauptwort – und darum, um das Hauptwort, also die Hauptsache, geht es mir nun, im letzten Teil meiner Einführung.
„Liebe“ meint hier, im Sinne eines interesselosen Eros, die innige Zuwendung zur Welt außer seiner, des Betrachtenden selbst, sei es nun Artefakt oder Natur, sei es das vom Menschen Geschaffene, sein städtischer Raum, seine Werke und Kunstwerke, oder das mit uns und um uns – unabhängig von uns – uns Gegebene: Der Mitmensch, die Tiere, die Pflanzen. Das oft Frappante, zuweilen Amüsante und immer Bereichernde dieser Aufnahmen besteht – für mich jedenfalls – nun darin, dass all das in diesem Bildband Versammelte in seiner Individualität und jeweiligen Gültigkeit des Daseins gezeigt wird – ohne Unterschied und Rangabstufung. Allem wird sein Da- und Sosein selbstverständlich gelassen – und so manchem, auch von uns selbst, wird durch diese liebevoll-aufmerksamen Blick die Dokumentation seines Daseins erst gegeben: Das ist eine für mich ergreifende und erfreuende Verbindung von Kunst, Schönheit und – ja: Demokratie; denn allem wird sein Recht.
Liebevoll ist der in den Erläuterungen zu den Bildern durchweg gepflegte Gebrauch der „Ersten Person Pluralis“, also das „Wir“, so daß der lesende Betrachter, sei er nun Bocholter oder nicht, unmerklich, aber widerstandslos und wirkungsvoll, zum Bocholter wird. Jedenfalls sei an dieser Stelle gesagt, dass es bislang keine sympathischere und gewinnendere Darstellung und Werbung für unsere Stadt gibt als dieses Buch. Die Stadt (-Verwaltung) wäre allemal wohlberaten – und täte – m.E. –klug daran, sich einige Exemplare dieses Werkes auf Vorrat zu nehmen, um sich denjenigen vorzustellen, die von Bocholt noch so gar keine Ahnung haben – und davon soll es ja noch so einige geben – in Bocholt und um Bocholt und um Bocholt herum (Man vergleiche hierzu auch den Titel des Werkes).
Liebevoll ist auch das, was ich die „Textur“ dieser Bildsammlung nennen möchte – Textur, weil hier durch Raum und Zeit hindurch ein inniges Geflecht von Beziehungen gewoben wird: Durch die Geschichte, wobei auch der Kenner hier und da noch auf seine Kosten kommt, durch die Stadtwanderungen und Erkundungen, durch den – für mich – besonders reizvoll gestalteten Gang durch die Jahreszeiten. Und somit zeigen diese Aufnahmen, wie sie alle miteinander verwoben sind, aus einer lebendig und anwesenden Vergangenheit erwachsen sind und vorweisen in eine Zukunft, für die dieser Band die Folie eines reizvollen Vergleichs bilden wird. So legt denn dieser Band Zeugnis ab für die Leistung all der Menschen, die seit dem 23.3.1945, also dem Tag ihrer fast völligen Zerstörung, in dieser Stadt gelebt und gearbeitet haben – wie er auch zugleich Zeugnis dafür ist, wie diese bewunderungswürdige Leistung vorlaufender Generationen in Bild und Text vor Auge, Geist und Seele geführt werden kann.
Meine Damen und Herren, in einer der schönsten Erzählungen, die ich je gelesen habe, Anton Tschechows „Der Tod des Iwan Iljitsch“, lautet ein Satz: „….so eben erinnert man sich nur, wenn man liebt.“
Lassen Sie mich diesen Satz, anläßlich der heutigen Präsentation dieses Bildbandes und seiner Schöpferin, variieren zu dem Ausdruck: „So fotographiert - und kommentiert - man nur, wenn man liebt!“
Meine Damen und Herren – ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit diesem Kunstwerk – wie ich es selbst in hohem Maße gehabt habe – und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit – vielen Dank!"
Josef Bruns